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Strecke 6362: Altenburger Tunnel

Höhenprofil der Strecke am ehemaligen Altenburger Tunnel (Quelle: Zeitschrift des Architekten- und Ingenieurvereins, Hannover 1880)
Höhenprofil der Strecke am ehemaligen Altenburger Tunnel (Quelle: Zeitschrift des Architekten- und Ingenieurvereins, Hannover 1880)
 
Vom Kopfbahnhof zum Tunnel

Der unzweckmäßige Kopfbahnhof behinderte die Betriebsabwicklung und wurde besonders bei den Kriegstransporten im Jahr 1870 vom Militär als hinderlich empfunden. Änderungen an diesem Zustand drohte am Unwillen der herzoglichen Regierung von Sachsen-Altenburg zu scheitern, die die Stadtnähe des Kopfbahnhofs Altenburg nicht aufgeben wollten. Doch lange und zähe Verhandlungen führten im Mai 1874 zu einem Staatsvertrag zwischen dem Königreich Sachsen und dem Herzogtum. Im Frühjahr 1876 wurde mit den Umbauarbeiten begonnen, die neben einer geringfügigen Verschiebung und Höherlegung des Bahnhofs um etwa 2 Meter noch den Neubau eines 1.800 Meter langen Einschnitts oder eines 375 Meter langen Tunnel erforderten. Für den Bau eines Tunnels an Stelle eines Einschnitts sprach folgendes:
  • Der 1.800 Meter lange und 25 Meter tiefe Einschnitt hätte die Abtragung von 900.000 m³ Boden bedingt.
  • Die vorhandenen Braunkohleablagerungen ließen bei solchen Einschnittstiefen Bodenrutschungen vermuten.
Blick über das Westportal des Altenburger Tunnels in Richtung Altenburg (Foto: RBD Halle)
Blick über das Westportal in Richtung Altenburg (Foto: RBD Halle)
 
Beim Tunnelbau mußten aber auch Schwierigkeiten in Kauf genommen werden, die wegen der geringen Gebirgshöhe über dem Tunnelscheitel und dem damit verbundenen Wasserfluß zu Tage tragen. Außerdem waren die Baukosten höher wie beim Einschnitt, darum durfte der Tunnel nichts unnötig lang werden. Das deutsche Normalprofil kam nicht in Frage, da die sächsische Generaldirektion auch in diesem Tunnel auf den sonst üblichen Gleisabstand von 4 Metern bestand. Für die Widerlager und Fundamente stand Porphyr aus den Paditzer Steinbrüchen zur Verfügung, der sonst verwendete Sandstein entstammte den Oberkirchleithaer Steinbrüchen in der Sächsischen Schweiz. Der Kalk wurde aus Lehndorf bei Altenburg angeliefert, der Zement aus Stettin.

Ein Unternehmer aus Frankenberg hatte die Bausausführung übernommen. Zum Bauplatz führte eine Arbeitsbahn, die eine Spurweite von 760 mm besaß. Ende Februar 1877 wurde mit den Tunnelarbeiten begonnen, im August 1878 wurde der Gewölbeschlußstein gelegt. Auf den Tunnel drückte eine Masse von 180 Tonnen pro Meter Länge.

Aufschlitzung des Tunnels

Kopfzerbrechen bereitete der Altenburger Tunnel, solange er in Betrieb war. Da schon nach kurzer Betriebszeit Wasser in das Gewölbe einsickerte, so dass im Winter bei Frost das dadurch vorhandene Eis von der Tunneldecke gesprengt werden mußte. Das Gewölbe des Tunnels verwitterte, wobei die Rauchgase der Dampflokomotiven den Zerstörungsprozess noch beschleunigten. Die Tunnelstrecke wurde zur Langsamfahrstrecke, auf der anfänglich nur 10 km/h, später dann mit 30 km/h gefahren werden durfte. Doppelstockzüge durften zeitweise wegen herabfallender Gesteinsbrocken den Tunnel nicht befahren, sodass im August 1955 die Hauptverwaltung Bahnanlagen der DR entschied, den Tunnel und damit die wichtigste Nord-Süd-Strecke der DDR zu sperren.

  Abtragen des Tunnelgewölbes am Südostportal des Altenburger Tunnels (Foto: RBD Halle)
Abtragen des Tunnelgewölbes am Südostportal (Foto: RBD Halle)
Es standen fünf verschiedene Varianten zur Diskussion:
  1. Umfahren des Tunnels in einem zweigleisigen Einschnitt
    (Vorbild: Maulbronner Tunnel an der Strecke 4800, Stuttgart Hbf - Stg-Zuffenhausen (- Kornwestheim Pbf -Ludwigsburg - Bietigheim-Bissingen/Württemberg - Vaihingen/Enz (4842) - Mühlacker -) Maulbronn West - Bretten (Ferngleise))
  2. Auskleidung des Tunnels mit Beton
  3. Umfahrung des Tunnels mit eingleisiger Strecke im Innenbogen des Tunnels
  4. Sprengung des Tunnels bei vollständiger Betriebsruhe
  5. Aufschlitzung des Tunnels unter Beibehaltung des Zugverkehrs
    (Vorbild: Königsdorfer Tunnel an der Strecke 2600, Köln - Horrem - Düren - Langerwehe - Eschweiler - Stolberg/Rheinland - Aachen - Aachen-Süd-Grenze [- Hergenrath/Belgien])
Der erste Vorschlag mußte verworfen werden, weil der Abtransport von 875.000 m³ Erdmassen eine erhebliche Belastung der Strecke und hohe Kosten bedeutet hätte. Beim zweiten Vorschlag wäre nach der Auskleidung nur noch ein eingleisiger Betrieb möglich gewesen, eine zweite Tunnelröhre wäre notwendig geworden, wie die ÖBB das von 1949 bis 1951 beim neuen Semmeringtunnel praktiziert hat. Aus Kostengründen kam das für den Altenburger Tunnel nicht in Frage. Der dritte Vorschlag konnte ebenfalls in Betracht gezogen werden, da nicht nur ein Teil des Deckgebirges, Erdreich und das Tunnelgewölbe hätte abgetragen werden müssen, die Strecke hätte dann in Lastrichtung von Altenburg nach Kotteritz Steigungen von 1:40 bekommen, die nur im Schiebebetrieb bewältigt worden wären. Für den vierten Vorschlag wurde ermittelt, dass für die Beräumung der Trümmer eine Streckensperrung von 8 bis 12 Wochen nötig wäre. Ausweichstrecken stehen aber nicht zur Verfügung.

Kurz vor der endgültigen Aufschlitzung am Westportal des Altenburger Tunnels (Foto: RBD Halle)
Kurz vor der endgültigen Aufschlitzung am Westportal (Foto: RBD Halle)
 
Die dann durchgeführte fünfte Variante ließ zwar nur eingleisigen Zugbetrieb mit Beschränkungen der Geschwindigkeit zu, diese wären aber bei der Verwirklichung der dritten Variante auch nötig gewesen. Um die Durchlaßfähigkeit der Strecke nicht zu sehr einzuschränken, mußten beim Bauablauf folgende Forderungen berücksicht werden:

A. Der eingleisige Abschnitt ist auf kürzeste Entfernung zu beschränken.

B. Im Streckenabschnitt zwischen dem Bahnhof Altenburg und Tunnelportal auf Altenburger Seite muß in beide Richtungen je für eine Zuglänge Platz vorhanden sein.

C. Die Anlage am Bauort muß mit Fernbedienung arbeiten und signalabhängig sein.

So entstand auf der Altenburger Seite vor dem Tunnel die besondere Abzweigstelle »At« (Altenburger Tunnel, Fahrdienstleiter), die schon vorhandenen Blockstelle Wilchwitz wurde als Stellwerk »Atw« (Altenburger Tunnel, Wärterstellwerk) eingerichtet, so dass zwei Stellwerke für den nur 650 Meter langen Abschnitt erforderlich waren, die Strecken konnte wegen des Höhenzuges und des Tunnels nicht übersehen werden.
Streckenskizze zum Bauzustand am ehemaligen Altenburger Tunnel (Quelle: Zeitschrift des Architekten- und Ingenieurvereins, Hannover 1880)
Streckenskizze zum Bauzustand am ehemaligen Altenburger Tunnel (Quelle: Zeitschrift des Architekten- und Ingenieurvereins, Hannover 1880)

Zur Sicherung der Bauarbeiten wurde ab April 1958 eine Beschränkung der Geschwindigkeit auf 10 km/h vorgenommen. Für den Fall, das eine besondere Gefahr auftrat, war im Tunnel eine Vorrichtung vorhanden, mit der im Abstand von 50 Metern ein Nothalt durch rotes Licht signalisiert werden konnte. Der Abbau ging in mehreren Etappen vor sich. Zuerst wurde das Deckgebirge abgetragen, in dieser Zeit durften die Züge den Tunnel auf zweigleisiger Strecke mit 30 km/h befahren. Nachdem auf die Widerlager des Tunnels abgebrochen worden waren, konnte die Strecke ab Mai 1959 wieder auf beiden Gleisen befahren werden.
Quellen: Zeitschrift des Architekten- und Ingenieurvereins, Hannover, 3/1880
Der operative Dienst, Fachzeitschrift der DR, Berlin, 7/1959
 
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Fotografiert von VSO im April 2006
(Ein Klick ins Bild öffnet ein größeres Bild)
 
Standort am ehemaligen Westportal des Altenburger Tunnels (Foto: VSO)
Standort am ehemaligen Westportal
  Standort am ehemaligen Südostportal des Altenburger Tunnels (Foto: VSO)
Standort am ehemaligen Südostportal
 
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Fotografiert von Klaus Erbeck im Januar 2006
(Ein Klick ins Bild öffnet ein größeres Bild)
 
Standort am ehemaligen Westportal des Altenburger Tunnels (Foto: Klaus Erbeck)
Standort am ehemaligen Westportal
  Standort am ehemaligen Südostportal des Altenburger Tunnels (Foto: Klaus Erbeck)
Standort am ehemaligen Südostportal
 
Im ehemaligen Altenburger Tunnel (Foto: Klaus Erbeck)
Im ehemaligen Tunnel
  Karte der ehemaligen Reichsbahndirektion Halle von 1955
Karte der ehemaligen Reichsbahndirektion Halle von 1955
Von Klaus Erbeck zur Verfügung gestellt
 
 
Weitere Informationen zur Geschichte des Tunnels gibt es auf den Seiten zum Bahnhof Altenburg von Olaf E. Bolz.
 
Sollten Sie diese Seite über eine Suchmaschine gefunden haben, öffnen Sie hiermit die Übersichtsseite der Tunnelportale. Der dort vorhandene Link zur Strecke 6362 (KBS 510, 525, 530, 540, 544, 546 / KBS 460, 472, 505): (Leipzig, Bayrischer Bahnhof - Connewitz - Gaschwitz - Böhlen (b. Leipzig) - Neukieritzsch -) Altenburg/Thüringen - Nobitz (- Lehndorf (Kr. Altenburg) - Gößnitz - Werdau - Reichenbach/Vogtland - Plauen, oberer Bahnhof - Mehltheuer - Schönberg/Vogtland - Hof) führt Sie zu den Bildern der Tunnelportale.
 
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